Mit den neuen iPhone-Modellen hat eine wirklich großartige technologische Entwicklung in unsere Unterhaltungselektronik Einzug gehalten.
Ich durfte in den letzen Tagen, nach der Apple Keynote, einiges über 3D-Touch lesen. Von Euphorisch bis ablehnend war da ja alles dabei. Mal davon abgesehen, dass es generell müßig ist, sich einen Eindruck von Technologie zu verschaffen, die man noch nicht ausprobieren konnte, will ich dies trotzdem einmal tun.
Da ich hier für einen Blog schreibe, der sich vor allem mit blindenspezifischen Themen beschäftigt, möchte ich die Möglichkeiten von 3D-Touch kurz erläutern und auch einen Blick in die eventuelle Zukunft dieser Technologie werfen.
Was kann 3D-Touch?
3D-Touch erlaubt es, Dinge die auf einem iPhone-Display dargestellt werden, nicht nur flach zu bedienen. Je nachdem wie fest/tief man auf ein Element drückt, werden verschiedene Funktionen angeboten. Apple beschreibt hier beispielsweise, das bei einem leichten Druck auf eine Mail oder einem Link eine Vorschau angezeigt wird und während man den Finger gedrückt läßt und diesen dann etwas fester drückt diese Mail oder der Link geöffnet werden kann. Sie nennen dies Peak und Pop. Ähnliches funktioniert auch in anderen Bereichen. Drückt man im Homescreen mit Peak auf die Telefon oder Nachrichten App, so werden Kontakte angezeigt, durch die man sich mit streichen bewegen kann. Drückt man dann fester mit Pop auf einen Kontakt wird dieser angewählt bzw. die Nachrichten-App geöffnet.
Man sieht hier also, dass erheblich weniger Eingaben nötig sind um schnell etwas auszulösen. Bislang ist dies aber nichts wirklich neues. Sowohl Google, als auch apple Selbst haben ähnliche Technologien schon seit einigen Jahren in ihren mobilen Betriebssystemen um- bzw. eingesetzt. Apple beispielsweise in Garageband. Hier kann man mit unterschiedlich starken tippen auf einer Keyboard-Taste den so erzeugten Ton lauter oder leiser spielen.
Was ist also das wirklich interessante an 3D-Touch?
Diese Antwort ist schnell gegeben. Es ist die Verzahnung mit der Taptic-Engine. Die Taptic-Engine liefert während dem Peak und Pop verschieden lange, fühlbare Widerstände. Man nennt dies haptischen Feedback. Gerade wir Blinden wissen, wie wichtig es ist, genau diesen zu bekommen. Denn sonst ist es ja nur schwer möglich zu unterscheiden, wie fest man etwas drückt. Um hier noch einmal auf Garageband zurückzukommen. Spielt man dort ein Instrument, ist es zwar möglich einen Ton lauter oder leiser zu spielen, aber wirklich genau ist das nicht, sollte man sich das so gespielte Ergebnis einmal in einem Noteneditor ansehen.
Welche Möglichkeiten könnte 3D-Touch für blindenspezifische Apps bringen?
Hier gibt es durchaus viele sinnvolle Lösungsansätze. Nehmen wir beispielsweise einmal MBraille. Durch die Taptic-Engine wäre es möglich die zu Drückenden Punkte mit haptischen Feedback zu versehen. So würde man beispielsweise nicht nur hören sondern auch spüren, dass man einen Punkt drückt. Auch könnte mann durch leichtes oder festes drücken eines Buchstaben diesen klein oder groß schreiben. Das würde die Nutzung dieser Lösung wesentlich sicherer und noch schneller machen. Bei Onscreentastaturen könnte man mit dieser Technik durch leichtes oder festes drücken auf Sonderzeichen zurückgreifen oder die Funktion der Feststelltaste mit einem festeren Druck aktivieren. Bei Lösungen wie AriadNe GPS könnte diese Technik genutzt werden um das Erforschen einer Umgebung mit haptischen Feedback zu versehen. So würde man u. U. Karteninhalte auch erfühlen können. Bei Musik-Apps wie Garageband könnten Keyboard-Eingaben wesentlich genauer realisiert werden und Fader erfüllbar gemacht werden.
Zugegeben, ob das mit der jetzigen 3D-Touch-Funktionalität schon realisierbar ist, kann ich zum jetzigem Zeitpunkt noch nicht bestätigen, denn selbst ich habe natürlich noch kein iPhone 6S in der Hand gehabt.
Zeitmaschine
Apple hat mit 3D-Touch einen neuen Grundstein gelegt. Diese Technologie wird in jedem Fall verbessert werden. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es zukünftig möglich ist, die Taptic-Engine mit den im Display verbauten Pixeln zu verknüpfen. Denn der In Farbdisplays angelegte Wechselstrom, der verschiedene Farben möglich macht, könnte hier auch für die Intensität des haptischen Feedback nutzbar gemacht werden. Ich nenne dies einmal haptische LEDs. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass die Sinneszellen in den Fingern wesentlich weniger wahrnehmen als das die Augen tun. In der Sound-Entwicklung verwendet man, beispielsweise für virtuellem Surround Psoidoakustik. Dieses Prinzip ergibt sicherlich auch für die sinnvolle Umsetzung von haptischen Feedback sinn.
…Mehrfarbige Leuchtdioden bestehen aus mehreren (zwei oder drei) Dioden in einem Gehäuse. Meist haben sie eine gemeinsame Anode oder Kathode und einen Anschluss für jede Farbe. Bei einer Ausführung mit zwei Anschlüssen sind zwei Leuchtdioden-Chips antiparallel geschaltet. Je nach Polarität leuchtet die eine oder die andere Diode. Eine quasi stufenlose Farbveränderung kann man über ein variables Pulsbreitenverhältnis eines geeigneten Wechselstroms realisieren…, Zitat: Wikipedia.
Sollte man zukünftig in der Lage sein, das Pulsbreitenverhältniss mit der Taptic-Engine zu synchronisieren, so kann ich als Leihe mir vorstellen, das durch die Farbe und Helligkeit und der daraus resultierenden Pulsstärke ein ziemlich authentisches Abbild des Displays fühlbar gemacht werden kann. Hierzu sollte man sich softwareseitig noch Lösungen wie Cinema 4D oder Unit ansehen, welche es ermöglichen relativ authentische, 3-dimensionale Objekte zu programmieren, wie sie beispielsweise in Spielen zum Einsatz kommen. Bei Apple selbst sollte man die Metal-Engine entsprechend weiter ausbauen.
Gerade die Möglichkeiten im Bereich der Accessibility sind hier wirklich extrem umfangreich, Denn entwickelt man 3D-Touch weiter, so werden nicht nur Braillezeilen überflüssig. Auch im Softwarebereich werden viele zusätzliche Umschreibungen, wie sie derzeit für die Accessibility noch zwingend sind, nicht mehr notwendig sein, da diese Hardwareseitig, synchronisiert mit dem Display, automatisch umgesetzt werden.. So wäre es in einigen Jahren sicher möglich Bilder und Objekte zu erfühlen. Im medizinischem Bereich könnte diese Technologie einen mehr als sinnvollen Mehrwert ergeben. So könnten bei Krebs die befallenen Bereiche nicht nur angesehen sondern auch erfühlt werden. Auch Embryonen könnten so ertastbar sein oder ein schlagendes Herz könnte man fühlen. Des gleichen ist diese Technologie für die Autoindustrie sicherlich ein Mehrwert. Durch abtastbare Displays würde ein Fahrer wesentlich weniger vom Straßenverkehr abgelenkt sein.
Fazit:
3D-Touch gehört zu den wichtigeren Neuerungen des Jahres 2015 und legt einen neuen Grundstein, welcher zukünftig das Potenzial hat, nicht nur auf Glasflächen echte erfüllbare Elemente zu realisieren. Ob hier letztlich Apple selbst die Nase vorn hat oder ob dies ein Anderes Startup oder Unternehmen besser umsetzen wird, muss sich zukünftig erweisen.